« zurück zur Übersicht

Die Geschichte hinter der Geschichte

Es war einmal… vor vier Jahren, in einer kalten Januarnacht gegen zwei Uhr: Ein kleiner Komponist, der wohlgenährt in den Mc Drive einbog, um sich nach Stunden der Arbeit noch an einigen Burgern gütlich zu tun. Da stand, nicht weit vom Ausgabefenster, ein hustender, alter und wie auf den ersten Blick zu erkennen war, obdachloser Mann. Direkt schoss es dem kleinen Komponisten in den Sinn: „Oh bitte, bitte, sprich mich nicht an. Ich hab heut echt keinen Kopf, bin zu müde und kaputt für irgendwelche guten Taten oder das Schicksal eines fremden, stinkenden Menschen.“

Und noch bevor er sich für seine Gedanken schämen konnte, hörte er sich sagen: „Steigen Sie ein, wir essen zusammen.“ Warum er solche Gedanken hatte, aber das Gegenteil sagte, weiß er bis heute nicht. Der alte Mann zog eine Plastiktüte aus seiner Tasche, breitete sie auf dem Beifahrersitz aus und setzte sich darauf. In einem norddeutschen Dialekt sagte er: „So kalt war´s schon lange nicht.“ So saßen die Beiden bei laufendem Motor im Auto auf dem Parkplatz, tranken Kaffee, aßen ihre Burger und redeten. Eigentlich redete nur der alte Mann, bis zu diesen Sätzen: „Wissen Sie, wenn´s mich heute Nacht erwischt, lieg ich da an meinem Platz im Wald, wo mich keiner findet. Ich verfaule, es wächst Gras über mich, aber vermissen wird mich niemand. Im Grunde weiß dann keiner, dass es mich je gab. Hätte ich damals doch nur das Angebot meiner Firma angenommen, Lesen und Schreiben zu lernen, aber dazu war ich zu stolz, immerhin hab ich 40 Jahre meine Arbeit gut gemacht.“ Der kleine Komponist erwiderte nur: „Ich fahr sie jetzt ins Krankenhaus.“ Er blieb noch eine Weile im Krankenhaus, da der alte Mann nicht versichert war und die Ärztin sagte, dass fast jede Nacht „so Einer“ käme. Der kleine Komponist bot dem alten Mann noch an, in seiner Musikschule zu schlafen, wenn er nicht mehr im Krankenhaus sei. So verabschiedeten sich die Beiden. Am nächsten Tag fuhr der Komponist ins Krankenhaus, die Schwester sagte, dass der alte Mann noch in der gleichen Nacht entlassen wurde. Er fuhr zu seiner Schule, aber auch dort war der Mann nicht zu finden. Er hörte nie wieder etwas von dem Mann, der von sich dachte, dass sein Leben keine Spuren hinterlassen würde.

Wenn er wüsste, dass wegen ihm so viele Menschen berührt wurden, wüsste er, dass sein Leben Spuren hinterlassen hat, an die viele immer wieder denken werden. So viele Menschen sind in Bewegung gekommen. Am Tag, an dem ich den obdachlosen Mann traf, fing ich an zu komponieren und die Geschichte zu schreiben.

Das war die Geburtsstunde meines Musicals „fate & failure“, inspiriert von dem alten, frierenden Mann ohne Namen.

Euer Johann

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert